Rosengarten. Die geplante Südumfahrung Rosengartens steht abermals im Stau. Wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht mitteilt, hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom Dezember 2019 noch keine Rechtskraft erlangt. Der Grund: Die Kläger haben eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision durch das VGH beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt.

Wie berichtet, hat der VGH in Kassel den Planfeststellungsbeschluss in Teilen für rechtswidrig erklärt. Beanstandet wurde zum einen ein nicht hinreichend gewichtetes Risiko für Fledermäuse beim Überfliegen der Neubaustrecke. Zum anderen seien alternative Varianten für den Ausbau der Bundesstraße 47 auf der vorhandenen Trasse nicht genügend berücksichtigt worden

Damit erkannte der Senat den „eindeutigen Vorzug“ der Südumfahrungvor anderenVariantennicht an. Allerdings wurden die Rechtsfehler im Planverfahren als nicht so gravierend gesehen, dass es zu einer Aufhebung des Beschlusses kam. Eine Revision gegen das Urteil hatte der Senat zwar nicht zugelassen; den Klägern wurde aber zugestanden, beim Bundesverwaltungsgericht dagegen Beschwerde einlegen zu können.

Das VGH-Urteil wurde von Rechtsanwalt Matthias MöllerMeinecke, der die klagenden Landwirte vertritt, als Teilsieg bewertet. Das Urteil enthalte eine „klare Botschaft“: Die Südumgehung werde nichtgebaut.WarumseineMandanten dennoch vom Rechtsmittel der Revision Gebrauch machen wollten, lässt sich laut Möller-Meinecke wie folgt begründen: So seien aus Klägersicht im VGH-Urteil die Belange des Artenschutzes nicht ausreichend gewürdigt worden. Außerdem habe das Gericht die existenzbedrohenden Folgen einer Südumgehung für die landwirtschaftlichen Betriebe nicht angemessen berücksichtigt. Wären diese Aspekte stärker beachtet worden, hätte der Planfeststellungsbeschluss aufgehoben werden müssen, sagt Möller-Meinecke im Gespräch mit dieser Redaktion.

Agor: Reine Verzögerungstaktik
Für den Sprecher der Aktionsgemeinschaft Ortsumgehung Rosengarten (Agor), Manfred Leiner, ist die Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ein durchsichtiges Manöver. Leiner spricht auf Anfrage von „reiner Verzögerungstaktik“, um den Bau einer Ortsumfahrung weiter aufzuhalten. Dass diese eines Tages kommen werde, steht für den Agor Sprecher fest. Eine Tunnel- oder Troglösung, wie es die Landwirte in der Vergangenheit immer wieder ins Spiel gebracht hatten, hält Leiner für unrealistisch. Er appelliert an die beiden Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises, Christine Lambrecht (SPD) und Michael Meister (CDU), sich gegenüber dem hessischen Verkehrsminister Tarek AlWazir (Grüne) weiter für die Belange des Stadtteils einzusetzen.

Justizministerin Lambrecht stellt sich in dieser Angelegenheit vollständig auf die Seite der Bewohner Rosengartens. „Es ist für Rosengarten sehr schade, dass die klagenden Landwirte das VGH-Urteil nicht akzeptieren.“ Schließlich hätten diese mit ihrer Klage durchaus Teilerfolge erzielt, indem nun Forderungen zum Artenschutz berücksichtigt werden müssten. „Für mich ist klar“, so die SPD-Politikerin, „dass wir diese Ortsumgehung für Rosengarten brauchen und das lieber früher als später“.

Kommentar
Uwe Rauschelbach über die Rechtslage zur B-47 Umfahrung

Ministeriale Fürsprecherin
Als der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel den Planfeststellungsbeschluss zum Bau der Südumgehung Rosengartens in Teilen für rechtswidrig erklärt hatte, sahen sich die Kläger – die Landwirte – auf der Siegerseite. Ihr eigentliches Ziel, die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, hatten sie freilich verfehlt. Um endgültig Rechtskraft erlangen zu können, schienen ein paar Reparaturen und Ergänzungen durch die Planungsbehörde Hessen Mobil ausreichend.

Natürlich hätten es die Landwirte dabei belassen und sich damit zufrieden geben können, dem Planfeststellungsbeschluss einige Korrekturen in ihrem Sinne aufgenötigt zu haben. Sie hätten sich damit freilich den Vorwurf eingehandelt, ein jahrelanges Klageverfahren wegen einiger weniger planerischer Modifikationen angestrengt und das überregional bedeutsame Straßenprojekt aufgehalten zu haben. Man mag in der Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision durch den VGH ein taktisches Mittel sehen, um die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses weiter zu verzögern. Eigentliches Ziel der Landwirte bleibt indes die Aufhebung des Beschlusses.

Erreicht werden soll dieses Ziel durch die Anerkennung der vollständigen Klagebegründung, zu der erstens ein weiterreichender Artenschutz gehört. Zweitens drängen die Landwirte auf nachträgliche Anerkennung der angeblich existenzbedrohenden Folgen des Straßenbaus für ihre Betriebe. Diesen gewichtigen Punkt hatte der VGH seinerzeit unter den Tisch fallen lassen.

Bemerkenswert an der aktuellen Lage ist freilich, dass sich hierzu eine Bundesjustizministerin als Wahlkreisabgeordnete positioniert, der man jedoch in der Hoffnung auf einen baldigen Entscheid aus Leipzig folgen mag.