Von Oliver Lohmann
LAMPERTHEIM – Die SPD beginnt ihren Kommunalwahlkampf früher als die anderen Parteien. Am Montagabend trafen sich die Genossen im Alten Rathaus erstmals mit einer Gruppe zwecks Meinungsaustausch, und zwar mit Mitstreitern der Aktionsgemeinschaft Ortsumgehung Rosengarten (AGOR). Das Symbol der Gesprächsreihe, der „Rote Tisch“, blieb allerdings in der Ecke des Raumes stehen, denn mehr als ein Dutzend Personen wollten doch lieber gemütlich auf Stühlen sitzen. Neue Argumente pro Ortsumgehung Rosengarten gab es nicht, doch eine deutliche Kritik an Hessen Mobil nach der erfolgten Sanierung der Bundesstraße 47 erfolgte am quadratischen Tisch.
SPD-Spitzenkandidat Marius Schmidt verdeutlichte, dass es seiner Partei mit der Südumgehung Rosengarten ernst ist – denn gleich an zwei Stellen im Wahlprogramm sei das vermerkt, ja diese habe oberste Priorität bei den Verkehrsprojekten. Im Kreistag habe die SPD kürzlich beantragt, der Kreisausschuss möge sich dafür einsetzen, dass die Südumgehung in den „vordringlichen Bedarf plus“ des Bundesverkehrswegeplans eingeordnet wird. Zwar ist 2015 der Planfeststellungsbeschluss für das Straßenbauprojekt vorgelegt worden, doch die Landwirte wollten Klage einreichen. Das führe zu einer Verzögerung, die „von uns nicht gewünscht wird“, denn die Ortsumgehung sei „das Realistischste“, um das Verkehrsproblem zu lösen, meinte Schmidt.
„Ich kämpfe seit 40 Jahren für die Umgehung“, meinte AGOR-Mitstreiter Manfred Leiner. Hoffnungsfroh habe ihn der Planfeststellungsbeschluss gestimmt. Dr. Willi Billau, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Starkenburg, habe ihm gegenüber gesagt, die Landwirte würden nicht dagegen klagen. „Offenbar wurde Billau von seinen Kollegen aber überstimmt“, vermutete Leiner. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht habe ihm zugesichert, beim hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir nachzufragen, ob die Klage vorliegt und wie sie begründet ist. „Bisher wurde immer das Argument Landverlust gebracht. Aber die Landwirte bauen munter große Hallen und Fotovoltaik-Freianlagen. Die messen mit zweierlei Maß“, urteilte Leiner. Zufrieden zeigte sich der Rosengärtner, dass sowohl SPD als auch CDU eindeutig Ja zur Ortsumgehung sagten. Lambrecht habe ihm versichert, wenn das Projekt in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans komme und keine Klage eingereicht ist, könne schnell mit dem Bau begonnen werden. Das sei für Bürger und Wirtschaft gleichermaßen gut.
SPD-Ortsvereinsvorsitzender Jens Klingler ergänzte, die Südumgehung sei auch ein Standortvorteil für Lampertheim. Da die Stadt schon keine direkten Autobahnzufahrten habe, müssten wenigstens die Verkehrswege gut ausgebaut sein. Mehrere Diskussionsteilnehmer wiesen auch auf die Lkw-Belastung in der Wormser Straße hin – viele Lastwagenfahrer nutzten die Strecke als Abkürzung. „Die Wormser Straße wurde neu asphaltiert, sie ist wegen der vielen Lkw schon wieder kaputt. Es ist unvorstellbar, wie lange die Anwohner in Lampertheim und Rosengarten schon den Verkehrslärm ertragen müssen“, meinte Stadtverordnetenvorsteherin Brigitte Stass. Außerdem seien die vielen Schüler, die die B 44 in Lampertheim überqueren müssen, durch den massiven Verkehr gefährdet.
Doch nicht nur die B 44 nehme Schaden durch den Schwerlastverkehr, auch die L 3110 sei voller Spurrillen. „Viele Lkw fahren von der A 5 ab, nutzen die L 3110 in Neuschloß, um Mautgebühren zu sparen“, stellte Carola Biehal, die Neuschlösser Ortsvorsteherin, fest. Für die Gegner der Umgehung Rosengarten hatte sie kein Verständnis: „Das ist reiner Egoismus. Wir müssen das Allgemeinwohl sehen.“
Manfred Leiner betonte, der Vorschlag der Umgehungsgegner, die Straße im Ort zu belassen und tieferzulegen, habe zahlreiche Nachteile. „Einen Trog oder einen Tunnel bauen bedeutet, den Grundwasserspiegel abzusenken. Und dann fallen die vielen Teiche in der Umgebung trocken. Das ist sicher nicht im Sinne der Naturschützer.“ Und das Ausspunden der Straße zerstöre die Häuser der Anwohner. „Wer etwas fordert, muss sich auch damit auseinandersetzen“, kritisierte er diejenigen, die Vorschläge machten, die von den Behörden längst verworfen seien. Leiner kritisierte aber auch die Behörde Hessen Mobil. Die habe eine Verkehrszählung zum falschen Zeitpunkt durchführen lassen. „Man hätte zwischen September und Dezember zählen müssen, denn da fahren wegen des Weihnachtsgeschäfts die meisten Lastwagen“, so Leiner. Jetzt sei der Eindruck entstanden, der Verkehr gehe zurück. Das Gegenteil sei aber der Fall.
Leiner kritisierte Hessen Mobil aber auch, weil nach der Fahrbahnsanierung der B 47 im Rosengarten die Radaranlagen und eine Kreuzung weggefallen seien. Außerdem sei die Straße verbreitert und höhergelegt worden. „Nun ist eine Rennstrecke entstanden. Und der Lärm ist größer als zuvor.“ Leiner forderte Tempo 30 im Ortsbereich Rosengarten einzuführen, damit die Lärmbelastung sinke. Das gebe es auch andernorts, beispielsweise an der Lahn. Uwe Häußler, Sozialdemokrat aus dem Rosengarten, wünschte sich eine Bürgerversammlung: Hessen Mobil solle erklären, wie sie sich die B 47 vorstellt. Die Straße sei jetzt ohne Leitplanken und damit nicht mehr so sicher wie bisher. „Es ist unverschämt, dass diese Behörde einfach Tatsachen geschaffen hat“, schimpfte Häußler.
Marius Schmidt betonte abschließend, die Politik werde weiter Druck machen und müsse zudem den Behörden auf die Finger schauen. Nicht nur vom „Roten Tisch“ aus.
Mit freundlicher Genehmigung der Lampertheimer Zeitung