LAMPERTHEIM – Läuft der Wirtschaftsmotor in Lampertheim rund? Darüber sprachen wir mit Werner Hartmann, Lampertheimer Landwirt und Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT).
Herr Hartmann, wie beurteilen Sie die Aussichten für die Wirtschaft im neuen Jahr?
Den Prognosen zufolge entwickelt sich die Wirtschaft gut. Etwas bedenklich ist, dass die Entwicklung nur in Deutschland gut ist, der Rest Europas hängt mehr oder weniger am Tropf. Die Euro-Rettung wird sicher weiter ein Thema sein – bisher sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.
Sind Sie mit dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition im Bund zufrieden?
Nein, ich bin sehr enttäuscht, es geht vor allem um soziale Wohltaten. Die soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards wird nicht mehr erwähnt. Ich habe meine Zweifel, ob der Mindestlohn die richtige Lösung ist. Ich weiß nicht, wie sich die deutschen Speditionen am Markt halten wollen und ob die Schlachthöfe in Norddeutschland vielleicht geschlossen werden. Außerdem schafft der Mindestlohn wieder Bürokratie. Gerhard Schröders Agenda 2010 wird über Bord geworfen.
Was halten Sie von Wirtschafts- und Energieminister Siegmar Gabriel?
Bei ihm habe ich auch Zweifel. Die Wirtschaft braucht Entlastungen, mit Gabriel wird es sicher mehr Regularien, mehr Bürokratie geben, dieses Ministerium gehört in die CDU.
Was sagen Sie zum Bergsträßer Bundestagsabgeordneten Michael Meister, der zum Parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium aufgestiegen ist?
Er ist eine Persönlichkeit im Finanzwesen. Ich dachte sogar, er wird Minister. Aber Wolfgang Schäuble hat eben viel Erfahrung.
Sie hatten sich ja im Bürgermeisterwahlkampf kritisch über die Grünen geäußert. Nun gibt es in Hessen eine schwarz-grüne Koalition. Finden Sie das schlecht?
Besser Schwarz-Grün als Rot-Rot-Grün. Ich habe kein grundsätzliches Problem, wenn jemand ein grünes Parteibuch hat. Aber man darf nicht die soziale Marktwirtschaft mit Füßen treten. Mit den Grünen, die im Kreis Bergstraße mitregieren, kann ich leben. Ich hatte Bedenken, ob ein roter Bürgermeister in Kombination mit einem grünen Ersten Stadtrat Lampertheim gut tut. Die Lampertheimer Grünen unterstützen hohe Ausgaben für Schwimmbad und den Nahverkehr, was ich nicht gut finde. Und sie taktieren, verzögern Projekte – so hat man keinen wirtschaftlichen Erfolg. Außerdem unterstützen sie Behauptungen des NABU, die Landwirte hätten das Grundwasser vergiftet und würden Monokulturen schaffen. Das stimmt alles nicht. Die Grünen müssen akzeptieren, dass sich die Zeiten geändert haben – Landwirtschaft ist eben nicht mehr so wie früher, noch natürlich, aber weniger nostalgisch. Die Lebensmittelsicherheit ist heute so hoch wie noch nie, bei Preisen, die nicht der Realität entsprechen.
Ein Chemie-Logistikunternehmen hatte Interesse am Standort Lampertheim bekundet. Würden Sie eine solche Ansiedlung für gut befinden?
Dieses Unternehmen benötigt Fläche, die die Stadt noch gar nicht hat. Und es ist sicher an einer direkten Anbindung an die Fernstraßen interessiert. Leider gibt es zwei Schwachpunkte: Zum einen fehlt der Lückenschluss zur Ostumgehung, er ist politisch nicht gewollt. Zum anderen gibt es das Problem Rosengarten. So lange das alles nicht geklärt ist, ist das Gebiet Wormser Landstraße schwer zu vermarkten. Die CDU hat bezüglich des Unternehmens keine Ablehnung signalisiert, die Stadtverordnetenversammlung keine Entscheidung getroffen.
Die Landwirte sind ja gegen die Große Südumgehung Rosengarten. Kann diese überhaupt verhindert werden?
Klar ist: Die Landwirte werden dagegen klagen, weil zu viele Ackerbauflächen verloren gingen. Auch der Supermarkt im Rosengarten wäre in Frage gestellt, wenn es eine vierspurige Umfahrung gibt. Da aber eine schnelle vierspurige Verbindung von Worms nach Lorsch nötig ist, könnte man die Straße im Ort belassen und eine Lärmschutzwand zu den Häusern nördlich der B 47 bauen. Für die Bewohner der Häuser südlich der B 47 hatten die Landwirte ja Ersatzflächen im Ort angeboten. Für die Bürger wäre es wegen des Lärms der Landwirte auch besser, wenn sie nicht direkt nebendran wohnen würden. Wir Landwirte wollen jetzt die genauen Kosten für die Umgehung einschließlich aller Nebenkosten wissen. Das hessische Verkehrsministerium versprach, diese Kosten mit denen unseres Vorschlags zu vergleichen. Wir hoffen, dass eine gemeinsame Lösung des Problems zu finden ist.
Gibt es genügend Gewerbegebiete in Lampertheim? Müsste der zweite Abschnitt des Industriegebiets Wormser Landstraße bald erschlossen werden?
Bei dem zweiten Abschnitt tut sich nichts, weil ein privater Grundstückseigentümer blockiert. Die Vermarktung des ersten Abschnitts ist noch nicht ganz gelungen. Überdies könnte man auch das gemeinsame Projekt mit Bürstadt beschleunigen, ebenso den Bachgrund (südlich der Schwimmbadstraße), aber man fürchtet offenbar Altlasten. Generell fehlt es der Kommune an Kreativität. Warum gibt es kein Sporthotel mit Tagungsräumen im Bachgrund?
Was erhoffen Sie sich vom neuen Bürgermeister Gottfried Störmer?
Dass er die Verwaltung umstrukturiert. Erich Maier hat keine schlechte Arbeit gemacht, er war sparsam. Aber die Altlastensanierung in Neuschloß hat viel Geld gekostet. Störmer muss sich jetzt erst einmal einarbeiten. Es wird nicht leicht für ihn, aber aufgrund seiner Erfahrung und seiner sachorientierten Herangehensweise wird er seine Sache sicher gut machen.
Sie haben sich als Stadtverordneter sicher auch mit dem Haushalt 2014 auseinandergesetzt. Kann man da Geld einsparen?
Wir könnten beim öffentlichen Personennahverkehr sparen. Beim Schülertransport sind die Busse ausgelastet, aber das ist Sache des Kreises, der sollte das organisieren. Ansonsten sind die Stadtbusse zumeist leer, man sollte über Alternativen wie Ruftaxis nachdenken. Auch das Schwimmbad sollte nicht mehr von einer städtischen Gesellschaft getragen werden. Die Stadt kann das nicht mehr bezahlen, man muss es an einen Verein oder eine andere Gesellschaft übertragen. Sparpotenzial gibt es auch bei der Stadtgärtnerei, man könnte dort Sozialhilfeempfänger einsetzen. Aber die Politiker im Bund trauen sich nicht, diese Sachen anzugehen. Sie wollen ja alle wiedergewählt werden. In dem Zusammenhang fallen mir noch die Straßenreinigung, der Winterdienst und Arbeiten an städtischen Grundstücken ein.
Die Gewerbesteuer wurde erhöht. Haben Sie auch dafür gestimmt?
Nein, ich wollte den Steuerhebesatz lassen, wie er ist. Zwei Betriebe sind von Mannheim nach Lampertheim umgesiedelt – auch wegen der niedrigeren Gewerbesteuer. Geschäftsführer haben mir bestätigt, dass die Dienstleistungen der Lampertheimer Verwaltung, aber auch der Wirtschaftsförderung Bergstraße gut sind!
Das Interview führte Oliver Lohmann.
Mit freundlicher Genehmigung der Lampertheimer Zeitung
www.lampertheimer-zeitung.de
Quelle: Lampertheimer Zeitung vom 28.12.13